Hey, ich kann doch nicht ständig meditieren - Achtsamkeit im Job und Alltag

Wenn wir einmal verstanden haben, das Achtsamkeit eine gute Sache ist und uns vielleicht auf den Weg gemacht haben, dazu was was zu lesen und sogar ab und an zu meditieren, bleibt die Herausforderung: Wie lern ich das wirklich und wie bleib ich dran. Denn, wenn wir Achtsamkeit lernen, merken wir vor allem eines ganz schnell: wo wir überall nicht achtsam sind.

 

Aber kein Grund zur Verzweiflung: nur weil Du Dir vorgenommen hast, achtsam im Hier und Jetzt zu sein, ist das kein Pflichtprogramm. Mach es auch nicht zu solchem. Wir haben jahrzehntelange Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die sich nicht mal eben drehen, nur weil wir es wünschen. Bleib locker – und wann immer Du merkst, dass Du in Gedanken verloren und eben nicht im Hier und jetzt bist, ist das ein Moment, in dem Du achtsam bist. Nehm das auch als solches wahr „ah, gerade war ich achtsam“ – und lade Dich gern zu mehr davon ein. 

Hier 2 kleine aber grundlegende Übungen, wie das gut klappen kann.  Weil viele von uns viel Zeit auf der Arbeit bringen, habe ich die Übungen an Beispielen aus dem Arbeitsleben beschrieben 

Achtsamkeit auf Gedanken richten

Grundsätzlich hilft es, wenn wir verstanden haben, dass unsere Reaktionen nicht die Reaktionen auf Ereignisse sind, sondern auf unsere Gedanken und Bewertungen die wir zu dem, was gerade passiert ist, haben.

 

Also z.B. wenn der Kollege auf eine email nicht antwortet und wir merken, dass wir ärgerlich sind, ist das ein prima Anlass zur Spurensuche. Was denke ich gerade darüber. Hier mal eine Kette vom Ereignis zur Reaktion die von mir kommen könnte 😊

  1. Ereignis: Kollege hat 3 Stunden auf email nicht geantwortet
  2. Gedanken/Bewertungen: Der Kollege hat die mail sicher schon erhalten, wieso antwortet er nicht, er antwortet echt selten auf emails von mir, das ist bei anderen nicht so, letztens war er auch irgendwie merkwürdig, er mag mich nicht
  3. Emotionale Reaktion: Spätestens wenn ich da angekommen bin tauchen Gefühle auf. Bei mir wenn ich mich nicht gemocht und abgelehnt fühle Traurigkeit
  4. Verhalten/Reaktion: ich versuche, dass dann auszubügeln indem ich bei dem Kollegen anrufe, extra freundlich bin, „mich lieb Kind mache“ und die Lage checke

Es könnte bei anderen Personen oder auch je nach Tagesform beliebig anders laufen. 

z.B.

  1. Ereignis: Kollege hat 3 Stunden auf email nicht geantwortet 
  2. Gedanken/Bewertungen: Der Kollege hat die mail sicher schon erhalten, wieso antwortet er nicht, Boah, der weiß doch wie wichtig mir das ist, ich bekomm meine Arbeit nicht fertig, wenn ich seine Antwort nicht bekomme, ich will meinen Termin halten. Wegen diesem Idioten, der nie seinen Teil pünktlich erledigt, bekomm ich jetzt den Ärger
  3. Emotionale Reaktion: schon klar, bei den Gedanken bin ich wütend. Und wie. Blödmann. Pah
  4. Verhalten/Reaktion: ich geh hin und stell ihn zur Rede, stocksauer, ist zu merken und ich fauch ihn an, wie wichtig das ist, dass weiß er doch. Jemand mit anderen Mustern würde vielleicht hingehen und darauf hinweisen, wie wichtig Verbindlichkeit ist und er möge doch bitte liefern. Oder wieder jemand anders sagt, der Boss braucht das dringend, mach das jetzt“ und wieder jemand anders würde an seine Hilfsbereitschaft apelieren usw.

Fakt ist jeweils nur Punkt 1, das Ereignis. Und es gibt unzählige Möglichkeiten, wie es nach dem Ereignis weiter geht. Der entscheidende Faktor dabei bist Du selber, Deine Gedanken, Deine Muster. Das zu wissen ist so ungemein hilfreich, weil Du es dann auch in der Hand hast, die Kette die auf ein Ereignis folgt zu gestalten und Deine Reaktion zu entscheiden.

Wenn ich beim ersten Beispiel meine Gedankenkette wahrnehme und feststelle, ich fühl mich nicht gemocht kann ich überlegen, wie wichtig mir das überhaupt bei dem Kollegen ist. Oder ob das wohl überhaupt stimmt, letztens waren wir zusammen nett Mittagessen.

Oder bei der Kette 2 könnte ich noch mal prüfen, bis wann ich die Antwort wirklich brauche (vielleicht brauche ich sie erst am nächsten Tag) und überlegen, dass ich nochmal eine Info hinterherschicke bis wann ich die Info brauche (Vielleicht hatte ich das in der ersten Mail vergessen zu erwähnen?)

 

So kann ich mir echt ne Menge Stress sparen – und unnötige Konflikte vermeiden.


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Übung: Wenn ich verärgert/verstimmt bin Gedankenketten wahrnehmen, vielleicht aufschreiben: Und überlegen was wirklich die Fakten sind und was jetzt für mich hilfreich ist. Ich muss übrigens nicht immer etwas tun! Emails sind da ein prima Übungsfeld, auch weil uns da niemand gegenüber steht und wir uns daher nicht so schnell zur Reaktion gezwungen fühlen. 

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Achtsame Pause machen - nichts tun!

Pausen machen – einfacher gesagt als getan, allzu oft schalten wir nicht ab, sondern verbringen jede Minute mit den Gedanken an die Arbeit, KollegInnen, Aufgaben, Emails usw. Es wird gesagt, dass wir pro Tag 60.000-100.000 Gedanken Denken. Meist ohne Pause. Und nachts geht es dann weiter mit dem Träumen. Boah, was für eine Leistung. Kein Wunder, dass das Leben uns manchmal so anstrengend scheint, das Hirn rackert die ganze Zeit und verbraucht Unmengen an Energie dafür.

Pausen sind da echt angenehm. Pausen vom Tun und Denken. Die sind ganz einfach. Erlaube Dir einfach mal, sagen wir mal für 30 sek, nichts zu tun und nichts zu denken. Mach das mal, genau jetzt…..(30sek. später >) Na, hat es geklappt? Würde mich ehrlich gesagt wundern, meist denken wir, z.B. „was soll das denn?“, „muss ich das machen?“ oder Gedanke „klappt prima“, „sollte ich öfter machen“ usw.  Tatsächlich ist es eigentlich einfach – aber irgendwie eben auch wieder nicht.

 

Es hilft, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf etwas lenken, dass einfach jetzt da ist und uns nicht anstrengt. Der Atem zum Beispiel. Oder Geräusche. Oder Körperempfindungen. All dieses hast Du immer dabei und kannst Deine Aufmerksamkeit darauf richten, aus dem Tun aussteigen und beobachten, was jetzt gerade ist, z.B. Deinen Atem. Gedanken können natürlich trotzdem auftauchen, ist kein Drama, einfach wahrnehmen und dann die Aufmerksamkeit wieder auf das Objekt Deiner Beobachtung richten. Das geht auch 10sek. Oder ne Minute oder 5 Minuten. Eigentlich immer und auch zwischendurch mal. Die Schwierigkeit kann sein, sich daran zu erinnern, Pause zu machen. Da kann es unterstützen Ereignisse mit Pausen verknüpfen. Z.B. immer wenn ich auf den Beginn eines Meetings warte, einfach mal 20sek nichts tun und atmen. Oder nach der Mittagspause bevor ich den Rechner entsperre ~1 Minute Körper spüren. Es gibt unzählige Möglichkeiten. Lass Deiner Kreativität freien Lauf und bastel Dir Deine eigenen „Pausenpläne“


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Übung: Pause machen. Dir bewusst erlauben für die nächsten x sek/Minuten nichts zu tun. Und den Fokus auf den Atem, Geräusche oder Körperempfindungen richten. Gedanken die auftauchen wahrnehmen, unberührt lassen und einfach das Objekt Deiner Beobachtung wieder in den Fokus nehmen

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Alls dieses lässt sich auch ohne Job im Alltag integrieren. Viele von uns denken, wenn sie (mal) nicht arbeiten, wäre es einfacher Zeit für achtsame Pausen zu finden. Ich persönlich finde es sogar schwieriger. Kann ich ja jederzeit später machen.

"Und überhaupt, ich arbeite gerade nicht, wieso soll ich das Pause machen". So können wir uns selber blockieren und auch ohne Arbeit gut in Stress reinarbeiten. Daher meine Empfehlung: Pause machen und bewusst Gedankenketten beobachten in jeder Lebenslage in den Alltag einbauen. Es hilft ungemein, probiert es aus 😊

Und wenn Du noch mehr Unterstützung beim „dran bleiben“ möchtest oder überhaupt lernen, wie dieses Wundermittel Achtsamkeit wirkt und geübt werden kann, empfehle ich einen MBSR Kurs: